Lichtverschmutzung
Eins der beeindruckensten Erlebnisse meiner Kindheit war, in einer lauen Sommernacht auf der Wiese vor dem Haus meiner Eltern zu liegen und in den Sternenhimmel zu schauen.
Millionen und Milliarden von Lichtpunkten, von denen ich als begeisterter 14-jähriger Science-Fiction Leser wusste, dass es sich bei jedem “Stern” um eine Sonne mit eigener Farbe, Größe und Alter handelte. Die Vorstellung, viele dieser Fixsterne könnten eigene Planetensysteme haben und auf einigen dieser Planeten sei vielleicht intelligentes Leben (im Gegensatz zur Erde) entstanden, war immer erhebend und brachte meine Phantasie auf Touren.
Der Anblick der funkelnden Sterne verband mich mit den alten Griechen, die viele der Sternbilder mit magischen Namen wie “Plejaden” oder “Orion” benannt hatten und den arabischen Völkern, von denen so schöne Sternen-Namen wie “Aldebaran” oder “Algol” stammten.
Wenn ich lange genug auf der duftenden Erde lag und in die Sterne schaute, hatte ich das Gefühl, ich könnte von der Oberfläche unseres Planeten in das Meer der Sterne fallen.
Der Blick ins All stellte auch die wahren Relationen klar: wie klein und nichtig unsere irdischen Sorgen waren.
Und wie überheblich wir Menschen uns ins Zentrum stellten.
Mit 19 Jahren reiste ich mit Freunden im VW-Bus durch Griechenland.
Auf dem Peloponnes konnten wir abends die griechischen Landschildkröten durch den Sumpf kriechen hören und nachts in den Schlafsäcken sahen wir eine Myriade funkelnder Sterne auf tiefschwarzer Ewigkeit und das Band der Milchstraße, unserer Galaxis. Ich konnte mich kaum sattsehen und schlief entrückt mit dem Blick auf die Sterne ein.
Nächsten Monat werde ich 53 Jahre alt (unglaublich…) und seit 30 Jahren habe ich keinen so beeindruckenden Sternenhimmel mehr gesehen. Ein Leben in der Großstadt Köln und Urlaube an Hollands Stränden verhinderten den
Blick auf die Sterne.
In unseren modernen Ballungsgebieten wird es nicht mehr dunkel genug um viele Sterne sehen können. Straßen werden beleuchtet, Autobahnen werden nachts erhellt. Das ist zwar gut für das Sicherheitsgefühl der Bürger – aber der Bezug der Menschen zum All geht verloren.
Das Problem nennt sich “Lichtverschmutzung” und ist seit Jahren Thema unter Astronomen. Die größten Verursacher sind Großstädte und Industrieanlagen, aber auch angestrahlte Gebäude oder Scheinwerfer für Werbezwecke. The City never sleeps…
Hier ein Vergleichsbild zwischen dem Sternenhimmel auf dem Lande und in einer Stadt mit einer halben Million Einwohner (Autor: Jeremy Stanley) Bitte klicken:
Es wurden Karten erstellt, die zeigen, dass es in den Industrie-Nationen kaum noch dunkel wird.
Hier ein Link zu einer Licht-Karte Deutschlands http://www.ajoma.de/assets/images/Lichtverschutzung%20Deutschland.jpg
Beim Betrachten der Karten wird klar, dass in wenigen Jahren den Menschen in den Städten der Blick zu den Sternen verloren gehen wird. Wir schauen nicht mehr nach oben.
Kinder werden Begriffe wie “Milchstraße” nur noch aus Erzählungen kennen…
Dabei gibt es einige Ansätze, die Situation zu verändern: es werden Straßenbeleuchtungen entwickelt, die das Licht nur nach unten abstrahlen. Beleuchtete Autobahnen werden in der Wirtschaftskrise eh als zu teuer abgeschafft und es gibt erste Projekte, dass Strassenlaternen sich nur bei Annäherung, quasi nur bei Bedarf, einschalten. Dann würde hinter uns nachts automatisch wieder das Licht ausgemacht.
Ich habe mir für diesen Sommer schon den Ort ausgeguckt, an dem es in meiner Nähe am Dunkelsten ist und mir vorgenommen, mit Schlafsack und Astronomie-Software auf meinem Smartphone dort hin zu fahren. Und mal wieder das leuchtende Band der Milchstraße zu sehen.
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