Aus dem Frühling meines Lebens…
Es gibt ja immer mehr junge Menschen, die sich gar nicht vorstellen können, dass es mal kein Internet gab.
Die ganz ungläubig fragen: „…und wie konnte man dann seine Mails abrufen?“.
Bei vielen Dingen, mit denen wir aufgewachsen sind, schütteln unsere Kinder den Kopf: Wer kennt heute noch den Begriff „C90“?
Audio-Cassetten, Compact-Cassetten, FerroChrom und Chromdioxyd – ausgestorbene Begriffe der Tonaufzeichnung.
Da diese Technik für mich einmal sehr wichtig war, hier der würdigende Blog-Beitrag.
Compact-Cassetten dienten der Tonaufzeichnung und Wiedergabe.
Musik gab es im Radio oder auf Schallplatten. Und wer günstig kopieren wollte, konnte dies nur mit Tonbändern oder Tonband-Cassetten, quasi dem Urahn von MP3 und Cloud-Music.
Compact-Cassetten wurden von der holländischen Firma Philips 1963 zum Standard gemacht.
Vorher gab es schon verschiedene Vorläufer wie Tonbandspulen und in USA das 8-Track-Band, die uns aber hier nicht interessieren müssen.
Cassetten gab es in verschiedenen Längen. Bei der C60 passte auf jede Bandseite 30 Minuten Audio-Information – einmal umdrehen und man hörte 60 Minuten insgesamt.
C60, got it? Bei der C90 passten 2 x 45 Minuten drauf, was schon ziemlich gut für die Aufnahme beider Seiten einer LP (Langspielplatte) reichte. C120 boten noch mehr Spieldauer – aber das Bandmaterial war dünner, damit es in die genormte Größe der Cassette passte und dadurch riss das Band leichter oder es kam zu „Bandsalat“.
Dann konnte man als erfahrener Bastler das hauchdünne dunkelbraune Material entwirren, mit etwas „Uhu“ kleben und mit einem Bleistift das Band wieder aufwickeln. Das konnte so lange dauern wie die lange Version von „Innagaddadavida“ mit Schlagzeugsolo…
Manchmal passte das letzte Stück der Schallplatte nicht mehr ganz auf die Cassetten-Seite.
Dann brach die Musik ab. Und man gewöhnte sich an das abrupte Ende.
Es soll Menschen gegeben haben, die Jahre später völlig erstaunt zum ersten Mal dieses Stück komplett mit Ende von CD gehört haben. Aber das ist eine andere Geschichte.
Anfangs waren die meisten Cassetten leicht gelblich, fast elfenbein-farben und kamen von den Firmen AGFA oder BASF.
Vom Sonntags-Taschengeld konnte ich mir alle 2 Wochen 1 Cassette kaufen.
Später wurden die Cassetten dann in „poppigen“ Farben hergestellt. Gelb, orange, lila wie Prilblumen. Und einige Jahre später waren sie dann wieder schwarz mit Metalleffekten und kamen von exotischen Herstellern wie „TDK“ oder „Maxell“.
Auch in der Qualität tat sich was. Im Bandmaterial war weniger Eisen (rötlich-braun) und immer mehr Chrom (dunkelbraun bis schwarz).
Das sollte einen besseren Sound bringen. Dafür wurde dann die Musik schlechter.
Waren die Abspielgeräte anfangs tragbare, mit Batterien bestückte Mono-Geräte mit wenig Funktionen, so wurden mit den Jahren daraus gestylte „Tapedecks“ mit VU-Metern, Acryl-Schiebereglern, Stereo, DNS und DNL und Dolby.
Und Anfang der 1980er wurden sie dann wieder ganz klein, als Sony den „Walkman“ erfand und man die Musik mit Kopfhörer überall hören konnte.
Ich war so begeistert von der Idee dieser kleinen mobilen Geräte, dass ich meine viele Kilo schwere „Komponenten-Anlage“ und die tollen „Pearl“-Boxen verkaufte und vom Erlös einen gebrauchten VW und den ersten Sony Walkman kaufte.
Ich hatte viel Spaß in meiner Jugend.
Mein Ohrenarzt meint, die Hörschäden im Mittelton-Bereich kämen wohl aus dieser Zeit.
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